FinanzenHarald Merker

Können wir uns all das, was wir uns wünschen auch leisten?

Der folgende Text würde von mir sinngemäß während der Ortsratssitzung Rosdorf am 16.01.2017 unter dem Tagesordnungspunkt 12, Anhörung zum Haushaltsplanentwurf 2017, vorgetragen. Mein Ziel war es weniger auf einzelne Positionen des Entwurfes einzugehen, sondern ich wollte eher wachrütteln und aufmuntern das selbst gesteckte Ziel der Schuldenfreiheit nicht aus den Augen zu verlieren. Auch wenn ein Ortsrat, als unterste Ebene der politischen Kontrollgremien leider nur sehr wenig Möglichkeiten hat mit seinen Entscheidungen große Wirkungen in Bezug auf Senkung von Schulden zu erzielen, sind auch diese kleinsten Schritte die Keimzelle des möglichen Erfolges. Schade, dass so wenige Zuhörer anwesend waren und auch Pressevertreter leider nicht anwesend waren.

Der Haushaltsplanentwurf 2017 der Gemeinde Rosdorf liegt den Fraktionen seit wenigen Wochen zur Beratung vor. Ein umfangreiches Papier und ein Paket an Zahlen, das gerade für die neuen Mitglieder des Gemeinderats und der Ortsräte, die sich mit dieser Materie bislang nicht beschäftigt haben, teilweise sehr theoretisch und schwer verständlich ist.
Wir alle haben aber als gewählte Vertreter der Ortschaften und der Gemeinde die verantwortungsvolle Aufgabe, die geplanten Ausgaben und Einnahmen auf ihre Plausibilität, ihre Notwendigkeit und ihre Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung der Ortschaft und der Gemeinde Rosdorf hin zu überprüfen.

An dieser Stelle möchte ich an einen einstimmig verabschiedeten Beschluss des Gemeinderates aus dem Jahr 2013 erinnern, in dem das langfristige Ziel der Schuldenfreiheit innerhalb der nächsten 20 – 30 Jahre festgehalten wird. Bis heute sind etwa ein Zehntel dieser Zeit bereits vergangen und mit dem vorgelegten Haushalt würde die Schuldenlast am Ende von 2017 sogar noch über dem Stand von 2013 liegen.
Einen Haushalt der mit einem derzeit geplanten Minus von 770.000,-€ abschließt kann ich schon aus diesem Grund nicht unterstützen. Dies umso weniger, da die Jahresabschlüsse von 2012 bis 2016 noch gar nicht vorliegen und so gar nicht klar ist, wo unsere Gemeinde finanziell genau steht.

Wir alle müssen uns ganz klar die Frage stellen: „Können wir uns all das was wir uns wünschen auch leisten?“ Meine Antwort auf diese Frage: „ein ganz klares NEIN“. Wir können doch nicht so tun, als ob wir im Keller unseres Rathauses eine Gelddruckmaschine hätten, die unsere Kämmerin Frau Kämmling nur anwerfen muss, wenn sie finanziellen Nachschub benötigt.
Unser ehemaliger Bundespräsident Roman Herzog hat bereits in seiner Berliner Rede 1997 zu diesem Thema treffend gesagt:
„Der Staat leidet heute besonders unter dem Mythos der Unerschöpflichkeit seiner Ressourcen“.
Diese, auf unsere Ortschaft bzw. Gemeinde Rosdorf übertragene „finanzielle Unerschöpflichkeit“ ist nicht gegeben. Geld für geplante Ausgaben, das nicht vorhanden ist, müssen wir uns leihen und in Zukunft nebst Zinsen auch zurückzahlen. Dabei beschönigt das aktuell extrem niedrige Zinsniveau die langfristigen Auswirkungen auf unsere nachfolgenden Generationen. Gerade in Zeiten extrem niedriger Zinsen sollten die „eingesparten“ Zinsen zur Tilgung von Altschulden aufgewendet werden.
Mir kommt es so vor, dass von vielen Kolleginnen und Kollegen in den Räten diese Notwendigkeit des Zurückzahlens, im besten Fall, nicht als Priorität gesehen wird. Wir sind mit dieser Schuldenpolitik auf einem geraden Weg unserer Jugend eine Last aufzubürden, mit der wir ihnen sämtliche Spielräume in der Zukunft verbauen.

In der vergangenen Ortsratssitzung kam während meinen Ausführungen der Zwischenruf: „Man kann sich auch kaputtsparen!“ Sicher richtig, dass wir das, was in den vergangenen Jahren an Fehlern gemacht worden ist, nicht innerhalb eines Haushaltsjahres wieder gerade biegen können. Aber wenn wir nicht jetzt Korrekturen einleiten, wird die Bugwelle der Schulden immer größer, ist nicht mehr aufzuhalten und walzt alles platt, was vor uns liegt.

Wir müssen unseren Bürgerinnen und Bürgern mit klaren Worten ungeschminkt sagen, dass es so nicht weitergehen kann. Alle Ausgaben, aber auch alle Einnahmen müssen auf den Prüfstand. Alle Bereiche des Haushalts müssen betrachtet werden und auch wenn es schmerzhaft sein wird, alle müssen sich bewegen.
Wir können doch nicht auf der einen Seite unseren Kindern zu Hause erklären, dass in der eigenen Familie nur so viel Geld ausgegeben werden kann, wie Vater und Mutter am Monats- oder Jahresende nach Hause bringen , um auf der anderen Seite, wenn es nicht um unser eigenes Geld geht, diesen Grundsatz wie selbstverständlich über Bord zu werfen.

Wir müssen auch das, was bislang evtl. als „unantastbar“ gegolten hat auf den Prüfstand stellen. Das zwar aus ihrer Sicht zum Teil verständliche, aber letztlich nicht zielführende „Inseldenken“ einzelner Gruppierungen – ob es einzelne Ortschaften, Feuerwehren, Vereine oder politische Gruppierungen sind – muss aufgebrochen werden. Tabuthemen wie z. B. Kostenbeteiligungen der Sportvereine an den Hallennutzungen, Zusammenlegungen von Ortsfeuerwehren, Preisanhebungen für Nutzungen von DGHs müssen aufgegriffen werden und es muss erlaubt sein diese Themen mit den Beteiligten ergebnisoffen zu diskutieren. Sollten diese Gespräche im Konsens ergeben, dass wir bestimmte Ausgaben nicht streichen wollen, oder auch durch gesetzliche Vorgaben nicht streichen dürfen, müssen Netto-Einsparungen z. B. bei freiwilligen Leistungen in Betracht gezogen werden.

Nur wenn alle nicht nur an einem Strang, sondern diesen auch noch in dieselbe Richtung ziehen, kann das mittelfristige Ziel eines nachhaltigen Schuldenabbaus erreicht werden. Aussagen wie: „das haben wir schon immer so gehandhabt“, „das können wir nicht machen“, oder „das haben wir schon alles versucht“ sind dabei nicht hilfreich.
Wir müssen als gewählte Vertreter den Mut aufbringen ausgetretene Wege zu verlassen und neue Wege zu suchen unsere Ausgaben nicht nur zu reduzieren sondern auch mehr und/oder neue Einnahmen zu generieren. Ich möchte dabei nur an meinen Vorschlag des Namenssponsorings der Sporthalle Rosdorf erinnern. Zeitlich befristete Steuererhöhungen können ebenfalls helfen das Ziel zu erreichen.
In seiner bereits zitierten Rede forderte Roman Herzog damals (übrigens bereits damals sehr passend zur jetzigen wirtschaftlichen Situation in Rosdorf):
„ Wir brauchen wieder Visionen. Visionen sind nichts anderes als Strategien des Handelns. Das ist es was sie von Utopien unterscheidet. (und weiter) Wir brauchen aber nicht nur den Mut zu solchen Visionen, wir brauchen auch die Kraft und die Bereitschaft, sie zu verwirklichen. Vor uns liegt ein langer Weg der Reformen. Wir müssen heute mit dem ersten Schritt beginnen. (…) Wenn alle die vor uns liegenden Aufgaben als große, gemeinschaftliche Herausforderung begreifen, werden wir es schaffen. Am Ende profitieren wir alle davon“.

Ich bitte Sie deshalb darum in ihren Fraktionen dafür zu werben, dass an der Erreichung des Ziels der Schuldenfreiheit der Gemeinde aktiv mitgearbeitet und mitgestaltet wird. Ausgaben dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Gleichzeitig den Bau eines Familienzentrums, eines Hortes, eines Kinder- und Jugendtreffs eines neuen Feuerwehrhauses zu finanzieren, übersteigt eindeutig die Möglichkeiten der Gemeinde im Hinblick auf unsere finanzielle Belastbarkeit.

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