Dieter EikenbergFinanzen

Finanzpolitische Rezepte – wie holen wir die Kohle aus dem Feuer?

Betrachtungen zum Gemeindehaushalt Rosdorf (Teil 4)

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Autor: Dieter Eikenberg, derzeit u.a. Mitglied im Gemeinderat Rosdorf und im Ausschuss Wirtschaft und Finanzen

Was bleibt zu tun? Nachfolgend ein paar Vorschläge:

  • HaushaltskonsolidierungBasierend auf einer gründlichen Analyse der haushaltspolitischen Lage muss den Bürgerinnen und Bürgern reiner Wein eingeschenkt werden. Die haushaltspolitische Lage muss umfassend, ungeschminkt, ehrlich und gut verständlich dargelegt werden.
  • Wir müssen uns Ziele setzen: Wo wollen wir als Gemeinde hinsteuern? Was sind unsere Leitbilder? Was will die „örtliche Gemeinschaft“ (Bürgerschaft, Gewerbe, Vereine/Verbände, Verwaltung und Vertretung)? Was ist uns besonders wichtig? Was ist uns weniger wichtig? – Solche Fragen werden auch vom „Niedersächsischen Landesrechnungshof“ in der seit kurzem vorliegenden Prüfungsmitteilung zum Rosdorfer Haushalt gestellt. Darin wird der „Flecken Bovenden“ als positives Beispiel hinsichtlich der Vorgehensweise zur Entwicklung einer kommunal- und haushaltspolitischen Gesamtstrategie genannt: „An der Entwicklung beteiligt waren Einwohner, Gewerbetreibende und Vereine sowie Vertreter der Gremien und der Verwaltung.“ (Seite 8 der o.g. Prüfungsmitteilung) – Wenn „das Gute“ so nahe liegt, sollte man die dortigen Kolleginnen und Kollegen einmal um Rat und Erfahrungsaustausch bitten! – Überhaupt: Fachlichen Rat von anderen (Universität, erfolgreich haushaltende Kommunen) aufzunehmen sollte immer in unserem Interesse, im Interesse eines stetigen Dazulernens liegen!
  • EINSPARUNGEN bei den kommunalen AUFWENDUNGEN:
    ◦ Alle Bereiche kommunalen Wirkens müssen sich aktiv an Sparmaßnahmen beteiligen. Dies gilt auch für alle Abteilungen der Gemeindeverwaltung.
    ◦ Insbesondere große kommunale Kostenpositionen müssen auf Einsparpotentiale hin unter die Lupe genommen werden. – Ein Beispiel: Derzeit müssen per anno ca. 200.000,- Euro für die Dorfgemeinschaftshäuser in der Gemeinde aufgewendet werden. Einige Kommunalpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter haben dazu in monatelanger akribischer Arbeit Informationen, insbesondere Daten für eine Finanzanalyse zusammengetragen. Das auf dieser Basis entwickelte Konzept ruht jetzt mehr oder weniger in der Schublade. In solchen Fällen muss zukünftig schneller und konsequenter gehandelt werden.
    ◦ Ich habe mir in den letzten Jahren immer wieder erlaubt, auch die Höhe von Beträgen bei kleineren Anschaffungen (z.B. Mobiliar für die Verwaltung) zu hinterfragen. Oft wurde ich dafür belächelt. Ich bleibe dennoch dabei, meine Überzeugung:; Auch Kleinvieh macht Mist! – Im gleichen Zusammenhang hieß es immer wieder, Qualität sei eben etwas teurer. Ich halte entgegen, nicht alles Teure ist von guter Qualität. Auch preiswerte Produkte und Dienstleistungen können von hoher Güte sein!
    ◦ In den vergangenen Jahren durfte ich beobachten, wie bei kommunalen Grundstücksgeschäften die Beachtung steuerlicher Aspekte und Nebenkosten vernachlässigt wurden. – Eine professionellere Handhabung zeichnete sich zuletzt ab und ist unbedingt beizubehalten.
    ◦ Ein modernes Gebäudemanagement, intelligente Steuerungssysteme für die Energieversorgung sowie rentable Investitionen in Sachen Energieeinsparung oder gar Energiegewinnung für und an öffentliche Bauten sollte mittelfristig zu Einspareffekten führen.
  • STEIGERUNG der kommunalen ERTRÄGE:
    ◦ Ohne Steuer- und Gebührenerhöhungen gibt es Möglichkeiten, vorhandene öffentliche Ressourcen besser zu nutzen und somit die Ertragslage zu verbessern. – Beispiele: Zumindest einige öffentliche Räumlichkeiten (z.B. in Dorfgemeinschaftshäusern) stehen zeitweise leer und könnten über eine bessere Vermarktung partiell privaten Nutzern verstärkt zur Anmietung (Hochzeitsfeiern, private oder gewerbliche Veranstaltungen etc.) angeboten werden. Auch ein Versuch, die Auslastung unserer Freibäder zu optimieren könnte sich lohnen.
    ◦ Steuer- und Gebührenerhöhungen? – Ein unbequemes Thema! Ich fürchte, dass wir im Rahmen einer ernstgemeinten Haushaltskonsolidierung nicht ganz um solche Maßnahmen herumkommen werden. Ähnliche Erkenntnisse reifen offensichtlich auch an anderer Stelle, es traut sich nur niemand dies offen zu sagen, schon gar nicht in Wahlkampfzeiten. Hinter vorgehaltener Hand, plötzlich parteiübergreifende Gemeinsamkeit suchend, wird von einer sonst gerne allein den Ton angebenden Partei bei anderen im Rat vertretenen Parteien ängstlich nachgefragt: „Würdet ihr eine Steuererhöhung mittragen?“ – Wenn wir Steuern erhöhen müssen, sollten wir dies unseren Bürgerinnen und Bürgern endlich ehrlich sagen! Ansonsten schlage ich vor, den Kolleginnen und Kollegen der schuldenfreien Stadt Langenfeld nachzueifern, die vor etlichen Jahren einmal eine moderate Steuererhöhung zur Sanierung ihres Haushaltes als vorübergehende Maßnahme eingeführt hatten – diese wurde zwischenzeitlich tatsächlich wieder zurückgenommen!
    ◦ Noch gibt es viel Platz für die Ansiedlung weitere Gewerbebetriebe in Rosdorf. Um positive Effekte für die Ertragsseite des Gemeindehaushalts erzielen zu können müssen u.a. auf folgende Punkte beachtet werden:
    ▪ Es dürfen keine „Flächen verbrannt werden“, d.h., Unternehmen, die riesige Flächen für nur wenige Arbeitsplätze beanspruchen dürfen nicht von Interesse sein.
    ▪ Soweit möglich sollte auch die steuerliche Rentabilität für uns als Gemeinde bei der Auswahl betrachtet werden.
    ▪ Bei der Steuerung der Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe sollte weitestgehend auch die Verträglichkeit mit der vorhandenen Rosdorfer Strukturen geprüft werden. Weder Mensch und Umwelt belastende Branchen noch ruinöse Wettbewerbssituationen heraufbeschwörende Bewerber sind erwünscht.
    ▪ Ein nachfragendes, für uns als Gemeinde interessantes Unternehmen sollte wie ein „guter Kunde“ behandelt werden. D.h., insbesondere für alle bürokratischen Anforderungen muss seitens der Gemeinde ein exzellenter Service geboten werden, der „Kunde“ muss „an die Hand“ genommen werden und sich umsorgt fühlen.
    ▪ Das Umfeld für die Ansiedlung kleinerer und mittelständiger Betriebe muss attraktiv gestaltet werden. Dazu gehören nicht nur vertretbare Steuersätze. Mit den Unternehmen kommen Menschen – Mitarbeiter und Firmeneigentümer. Für die Entscheider – pro oder contra Standort Rosdorf – wird ein Kriterium auch das Angebot im Umfeld für sich selbst, die Arbeitnehmer und der Familien aller Beteiligten sein: gute Infrastruktur, ansprechende Zentren, ausreichende kulturelle und sportliche Angebote, …

Noch ein Wort zur bisherigen Vorgehensweise. Eine Sitzung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses der Gemeinde zur jährlichen Haushaltsberatung reicht m.E. nicht aus. Die beteiligten ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitiker sind da verständlicherweise überfordert. Die Arbeitsgrundlage für den jährlich zu beratenden und zu beschließenden Haushalt umfasst mit allen darin aufgeführten Teilhaushalten immerhin ein Buch von ca. 200 Seiten, gespickt mit jeder Menge Zahlen. Ich halte es für unabdingbar, dass mehrere intensive Sitzungen stattfinden, bei denen jeweils bestimmte Teilbereiche genauer betrachtet und diskutiert werden. Das Thema Zielsetzungen und Strategieentwicklungen sollten bereits lange vor den eigentlichen Haushaltsberatungen (ca. Mitte des Jahres) auf der Tagesordnung stehen. – Um Enttäuschungen vorzubeugen: Eine zukunftsorientierte Haushaltsführung, wie oben beschrieben, wird es in wesentlichen Teilen erst für das übernächste Haushaltsjahr geben können. Die Zeit für grundlegende und weitreichende Neuerungen wird für 2017 nicht hinreichen. Die am 11. September 2016 neu gewählten Vertreter im Gemeinderat werden gerade Platz genommen haben und dann direkt vor sich einen dicken Wälzer vorfinden, den Entwurf für den Haushaltsplan 2016. Da bleibt realistisch gesehen leider nicht mehr viel Zeit für eine gründliche Aufarbeitung.

Wir haben sehr kompetente Fachkräfte in der Verwaltung – gerade was die Finanzen anbelangt. Sie brauchen eine verantwortungsbewußte Unterstützung durch die Politik, aber auch durch den noch relativ frisch im Amt befindlichen Gemeindebürgermeister, dem ich diese Rolle durchaus zutraue. Endlose partei- und machtpolitisch motivierte Wunschlisten und das Ausbremsen von Sparmaßnahmen sind da wenig hilfreich! Insbesondere eine fachlich versierte und kreativer wirkende Leitung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses wäre wünschenswert.

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