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Haushaltsbeschlüsse unter schwierigen Bedingungen

Nun ist er beschlossen, der leider defizitäre Haushaltsplan der Gemeine Rosdorf für die Jahre 2022 und 2023. Die abschließende Debatte erfolgte, rekordverdächtig in weniger als einer Stunde, auf der Sitzung des Gemeinderats am 24.01.2022 – mit einem einstimmigen Gesamtbeschluss. Hinsichtlich Vorgehensweise und Beschlussfassungen war und ist vieles sicherlich nicht befriedigend, konnte es nicht sein, da es die Umstände (Kommunalwahlen, Corona) kaum zuließen. Zukünftig muss dies anders werden. Darauf zielten viele unserer GuT-Anträge zum Haushalt ab, die erfreulicher Weise fast alle die Zustimmung des Rates fanden.

Um das in vielstündigen vorbereitenden Sitzungen geschnürte Gesamtpaket gemeinsam verabschieden zu können, musste manche Kröte geschluckt werden: Erst am Tag der entscheidenden Gemeinderatssitzung teilte die Verwaltung mit, dass ein anzuschaffendes Feuerwehrfahrzeug sich um 40.000,- Euro verteure. Dieser Betrag musste nun, quasi in letzter Sekunde, noch zusätzliche in den Investitionshaushalt aufgenommen werden.

Im Rahmen einer Haushaltsdebatte ist es üblich, dass die Fraktionsvorsitzenden in einer längeren Rede die finanzpolitischen Vorhaben ausführlich kritisch würdigen. Mit Rücksicht auf die herrschende Pandemie einigten sich die Fraktionen darauf, jeweils nur sehr kurze Statements vorzutragen. Meine Stellungnahme hatte ich schriftlich verfasst und an Ratsmitglieder und Besucher verteilt. Diesen Text, der Umstände und einige haushaltspolitische Probleme erläutert, geben ich nachfolgend zur Kenntnis (alternativ hier als PDF):

Wählergemeinschaft GuT: Anmerkungen zum Haushalt 2022/23 der Gemeinde Rosdorf

Die Erstellung des Entwurfs zum Haushalt 2022/23 und die zugehörige Debatten fanden diesmal unter schwierigen Bedingungen statt: Die neu gewählten Mitglieder des Gemeinderats sind gerade mal seit dem 01.11.2021 im Amt – und schon sollen sie schnellstens die Aufstellung eines Doppelhaushalts erarbeiten. Regelkonform eigentlich noch vor Ende des ablaufenden Planungszeitraums, also bis Ende 2021. Schlicht unmöglich. (Auf diese durch das Zusammenfallen von Kommunalwahlen und Haushaltsaufstellung entstehenden Probleme müsste der Gesetzgeber einmal reagieren, beispielsweise über eine frühere Ansetzung des Wahltermins.)

Zu den eben beschriebenen Problemen gesellte sich diesmal noch die Corona-Krise mit all ihren Auswirkungen. Arbeitstreffen mussten eingeschränkt werden, konnten oft nur in Form von Videokonferenzen abgehalten werden. Insgesamt für Verwaltung und Politik kein leichtes Unterfangen. So gesehen haben wir Verständnis dafür, dass viele grundlegende Abläufe in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht optimal gestaltet werden konnten.

Dies muss zukünftig anders werden. Darauf zielen viele unserer Anträge ab, die erfreulicher Weise, bis auf eine Ausnahme, bei den Beratungen im Finanzausschuss mehrheitlich befürwortet und für den Rat zur Annahme empfohlen wurden.

Allein diese zweite Sitzung des Finanzausschusses zur Haushaltsplanung 2022/23 dauerte 4 Stunden. Eine heftige Belastung für die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Ausschusses, die tagsüber meist noch beruflich eingebunden sind. Im Verlauf einer derart langen Sitzung, wen wundert es, lässt die Konzentration zwangsläufig etwas nach. Und das bei einem so wichtigen Thema. Daher auch an dieser Stelle zum wiederholten Mal der Vorschlag von GuT, zukünftig mindestens drei Termine für die Haushaltsdebatte im Fachausschuss anzuberaumen.

Eine eigentlich vom Gesetzgeber vorgesehene Diskussion zu den strategischen und den daraus abzuleitenden operativen Zielen fand nicht statt, konnte allein aus Zeitgründen nicht befriedigend geleistet werden. So bleibt uns nur die Hoffnung auf die Zukunft. Insbesondere unser Antrag 01 verfolgt das Ziel, dass die Kommunalpolitik unserer Gemeinde zukünftig immer erst Schwerpunkte für den Haushaltsplan diskutiert und festlegt, bevor die Verwaltung ein riesiges Zahlenwerk erstellt. Einfacher gesagt: Die von den Bürger*innen in den Gemeinderat gewählten Vertreter sollten maßgeblich bestimmen, wofür die zur Verfügung stehenden Steuergelder, das Geld der Bevölkerung, ausgegeben wird. – Erfreulich: Der erwähnte GuT-Antrag 01 zum Haushalt fand im Fachausschuss breite Zustimmung.

Viele grundlegende Informationen in Sachen Gemeindefinanzen lagen den gewählten politischen Vertretern nicht vor. Einige relevante Beispiele:

  • Wie stehen wir „aufgelaufen“ im Gesamtergebnishaushalt der vergangenen Jahre da? Inwieweit können wir uns defizitäre Haushalte (vorübergehend) leisten?
  • In welcher Höhe stehen uns Finanzmittel (ohne erforderliche Kreditaufnahmen) derzeit für Investitionsmaßnahmen zur Verfügung?
  • Wie hoch wird der Schuldenstand (auf Basis der nun zu treffenden Investitionsentscheidungen grob kalkuliert) am Ende des Planungszeitraums (Ende 2023) sein?

Die Beantwortung dieser Fragen sollte für zukünftige Haushaltsberatungen selbstverständlich sein.

Zum letzten Punkt der genannten Auflistung sei angemerkt, dass wir (Wählergemeinschaft GuT) zum Ende des Jahres 2023 mit einem Schuldenstand von 15 bis 20 Mio. Euro rechnen. Zu Beginn des Planungszeitraums (Anfang 2022) lag der Schuldenstand laut Angaben der Verwaltung bei gut 6,5 Mio. Euro. Wir müssen also mit einer Verdreifachung der Schulden rechnen. So etwas kann begründet sein (sinnvolle und nachhaltige Investitionen). Alle Kommunalpolitiker sollten darüber klar informiert sein, wenn es um haushaltspolitische Beschlussfassungen geht.

In mehrfacher Hinsicht befürchten wir, dass sich im Laufe des Planungszeitraums negative Entwicklungen einstellen werden:

  • Bei den Investitionen (z.B., unstrittig absolut notwendig: Bau des Kindergartens „Erich-Kästner-Weg“, Renovierung und Ausbau HGS, …) rechnen wir mit weitaus höheren Kosten als jetzt veranschlagt.
  • Bei den laufenden Aufwendungen steht insbesondere im Bereich der Energiekosten (z.B. Heizkosten) zu befürchten, dass diese weiter ansteigen werden.

Mittel- bis langfristig rechnen wir hinsichtlich vieler geplanter und in den vergangenen Jahren bereits getätigter Investitionen mit steigenden Neben- und Folgekosten. Ein Problem, auf das wir immer wieder hingewiesen haben!

Der Haushalt erscheint insgesamt nicht als durchgehend ausgewogen. Als Beispiel sei genannt, dass (kontenbereinigt) für „Kultur und Heimatpflege“ lediglich 4.000,- € pro Jahr vorgesehen sind. In unseren Augen eine nicht vertretbar stiefmütterliche Behandlung der Kultur in unserer Gemeinde.

Auf Basis der Empfehlungen des Finanzausschusses zeichnen sich auch erfreuliche Bestandteile des Haushaltsplans für 2022/23 ab:

  • Nicht alle, aber viele Wünsche aus den Ortschaften können erfüllt werden.
  • Umwelt- und Klimapolitische Maßnahmen werden strategisch (siehe GuT-Antrag 06 und CDU-Antrag 01) und in Einzelprojekten (siehe SPD-Antrag 04) angegangen.
  • Das Thema Gleichstellung wird konzeptionell entwickelt (siehe GuT-Antrag 07, CDU/FDP-Antrag 07 und SPD-Antrag 02) und mit erforderlichen Finanzmitteln ausgestattet.
  • Bürger*innen können selbst Projekte vorschlagen. Mittel zur Umsetzung werden eingestellt (siehe GuT-Antrag 09).
  • Der Wirtschaftsstandort soll gestärkt werden. Dabei sind insbesondere die Interessen der bereits hier ansässigen Unternehmen und umweltpolitische Erfordernisse zu berücksichtigen (siehe GuT-Antrag 12).

Nach aktuellem Stand der Dinge stehen wir vor der Entscheidung, zwei defizitäre Haushaltspläne zu verabschieden. Wir vermuten, dass die noch nicht vorliegenden Jahresabschlüsse (2018 bis 2021) aus der Vergangenheit mit positiven Ergebnissen auf sich warten lassen.

Unter der Voraussetzung, dass der Gemeinderat den hart erarbeitenden Empfehlungen des Finanzausschusses folgt, werden wir einem so gestalteten Haushalt 2022/23 trotz etlicher Bedenken insgesamt zustimmen.

Rosdorf, 24.01.2022

Dieter Eikenberg
für die Wählergemeinschaft GuT

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